Vermittler unter dem FIDLEG (Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. 2 FIDLEG)
von hauser@m-win.ch, Tel. +41 (52) 269 21 11
Unterstehen Vermittler dem FIDLEG?
Gem. Art. 2 Abs. 1 lit. a FIDLEG sind Finanzdienstleister dem FIDLEG unterstellt. Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. 2 FIDLEG gelten als Finanzdienstleistung auch «die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die Finanzinstrumente zum Gegenstand haben». Fallen darunter auch Mäkler und Agenten, die als reine Vermittler z.B. Aktien im Markt platzieren Auftrags der Emittenten? Was bedeutet das für sie? Neue Pflichten, Verantwortlichkeiten, Handlungsbedarf?
Mit Vermittler sind hier Personen gemeint, die aufgrund eines Auftrages des Emittenten oder Verkäufers gegen Provision Personen finden, die Aktionäre werden sollen. Dabei teilt der Vermittler Informationen über die Emittentin und die Konditionen des Angebots mit und händigt die Unterlagen, namentlich Zeichnungsschein bzw. Kaufvertrag aus. Das Rechtsverhältnis des Aktienerwerbs (Zeichnung / Kauf) besteht zwischen Emittentin / Verkäuferin einerseits und Erwerber andererseits; die Zahlungen werden direkt durch den Zeichner an die Emittentin getätigt.
Die Botschaft zum FIDLEG (S. 42) führt zu Art. 3 lit. d FIDLEG (heute Art. 3 lit. c FIDLEG) aus: «Ebenfalls als Finanzdienstleistungen gelten die reine Vermittlung von Geschäften mit Finanzinstrumenten (Ziff. 2)». Demnach soll also die Vermittlung von Aktienzeichnungen und -käufen unter «Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die Finanzinstrumente zum Gegenstand haben» fallen. Unklar ist, warum trotzdem im Rahmen der Vernehmlassung zu Art. 3 Abs. 2 FIDLEV die Frage diskutiert wurde, ob die Vermittlung unter den «Erwerb oder die Veräusserung» zu subsumieren ist, wenn diese ohnehin von Art. 3 lit. c Ziff. 2 FIDLEG erfasst sein soll.
Unklar ist auch, ob im Falle der Vermittlung nicht ohnehin die Ausnahme des Art. 3 Abs. 3 lit. b FIDLEV greifen müsste, der besagt, dass die «Platzierung von Finanzinstrumenten … sowie die damit zusammenhängende Dienstleistung» nicht als Finanzdienstleistung im Sinne von Art. 3 lit. c FIDLEG gilt. Die Vermittlung von Aktienkäufen ist ja gerade eine Dienstleistung gegenüber dem Emittenten, die mit der Platzierung zusammenhängt.
Zu hoffen ist, dass die Frage beantwortet wird, wenn erst eine Registrierungsstelle besteht. Die Finma verwies auf Anfrage (unverbindlich) darauf, dass die Registrierungsstellen für solche Fälle zuständig sein werden. Aktuell gibt es noch keine solche; ein Gesuch um Bewilligung der Tätigkeit als Registrierungsstelle für das Beraterregister haben bislang aber z.B. die PolyReg Services GmbH und die BX Swiss AG gestellt.
Aus heutiger Sicht können u.a. folgende neuen Pflichten für Vermittler entstehen:
- Pflicht zur Kundensegmentierung, Art. 4 FIDLEG
- Informationspflichten, Art. 8, 9, 14 FIDLEG
- Pflicht zur Angemessenheitsprüfung, Art. 11 FIDLEG
- Pflicht zur Eignungsprüfung, Art. 12 FIDLEG
- Dokumentationspflicht, Art. 15 FIDLEG
- Rechenschaftspflicht, Art. 16 FIDLEG
- Pflicht zur Herausgabe von Dokumenten, vgl. Art. 72 FIDLEG
- Pflicht zur Transparenz und Sorgfalt bei Kundenaufträgen, Art. 17 ff. FIDLEG, insb. Beachtung von Treu und Glauben, Gleichbehandlung und bestmögliche Ausführung von Kundenaufträgen
- Pflicht zur angemessenen Betriebsorganisation, Art. 21 ff. FIDLEG
- Pflichten im Zusammenhang mit Entschädigungen, Art. 26 FIDLEG; hier sei besonders auf darauf hingewiesen, dass das Risiko der Herausgabe von Provisionen bestehen kann, wenn diese Pflichten nicht eingehalten werden. Näher dazu im Blogbeitrag zum Thema: Damoklesschwert über Finanzvertrieben
- Pflichten im Zusammenhang mit Mitarbeitergeschäften, Art. 27 FIDLEG
- Pflicht zur Registrierung im Beraterregister, Art. 28 FIDLEG
- Pflicht zum Anschluss an eine Ombudsstelle, Art. 77 FIDLEG
Betreffend die Anmeldung bei der Registrierungsstelle ist die Übergangsfrist von Art. 95 Abs. 2 FIDLEG bzw. Art. 107 FIDLEV zu beachten, wonach eine Anmeldung binnen 6 Monaten ab Inkrafttreten des FIDLEG, bzw. ab Zulassung/Registrierung einer Registrierungsstelle besteht. Für andere Pflichten aus dem FIDLEG bestehen abweichende Fristen, die sich aus den entsprechenden Übergangsbestimmungen ergeben. Art. 19 FIDLEG gilt jedoch bereits seit dem Inkrafttreten des FIDLEG, d.h. dem 01.01.2020.
Viele der Pflichtverletzungen sind mit Strafe belegt, je nachdem drohen Bussen bis zu CHF 500’000.- (vgl. Art. 89 ff. FIDLEG). Zudem sind Schadenersatzpflichten denkbar, insb. im Falle der Verletzung von Prospektpflichten ist eine Haftung explizit vorgesehen (Art. 69 FIDLEG). Auch sind Massnahmen der FINMA bis zur Liquidation denkbar.
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